Montag, 27. März 2017

Zeit

Es ist schon eine komische Sache, die Zeit. Die meiste Zeit machen wir uns kaum Gedanken um sie, vorausgesetzt wir sind beschäftigt. Wir merken wenn überhaupt erst danach, wie schnell sie verflogen ist. Aber was passiert, wenn es Einem langweilig wird? Wieso vergeht sie dann plötzlich so langsam? Das ist meist die einzige Frage die wir uns dazu stellen. Aber wieso denken wir nicht wirklich über sie nach, da sie doch unser ganzes Leben und Sein bestimmt?

Ich habe mich in der letzten Zeit viel mit dem Thema Zeit beschäftigt. Kann daran liegen, dass ich jetzt schon unzählige Nachmittage mal in Langeweile, mal in Rastlosigkeit in meinem Zimmer verbracht habe in der letzten Zeit. Mein Freiwilligendienst ist nun offiziell beendet. Der letzte Arbeitstag im CEN liegt schon fast einen Monat zurück und ich vermisse die Kinder schrecklich. Die tägliche Struktur, die mir die Arbeit bis zu diesem Tag gegeben hat, ist jetzt nicht mehr vorhanden. Auch von meiner Tanzakademie musste ich schon Abschied nehmen, da jetzt der Sommer in Costa Rica begonnen hat und alle in die Ferien gehen. Ich versuche mich, irgendwie abzulenken, treffe mich mit Freunden oder mache Kurzreisen um noch etwas vom Land zu sehen. Aber all dies verhindert nicht, dass es manchmal einfach diese Nachmittage gibt, auf denen man auf dem Bett liegt, nicht die Kraft oder Lust hat, irgendetwas Produktives zu machen, sondern einfach nur seinen Gedanken freien Lauf gibt. Mittlerweile habe ich schon beinahe Angst vor diesen Momenten, denn solange ich nicht anfange nachzudenken, geht es mir gut und ich bin glücklich und aufgedreht. Doch wenn man so alleine auf seinem Bett liegt, kann man das Gefühl, dass einem die Zeit durch die Finger rieselt wie Sand in einer Sanduhr, obwohl sie gleichzeitig doch so schleppend langsam vergeht.

In drei Wochen, am 20. Januar um 8 Uhr morgens werde ich in den Flieger zurück nach Deutschland steigen und die Empfindungen die ich habe, wenn ich daran denke könnten nicht gegensätzlicher sein. Vorfreude darauf, die Familie und Freunde endlich nach einem ganzen Jahr wieder in die Arme schließen zu können. Freudige Erwartung, was einen erwartet im Job oder in der Uni. Aber auch Ungewissheit und Furcht, dass alles anders sein wird, dass man sich als Fremder fühlen könnte in seinem eigenen Land. Und natürlich die Angst vorm Abschied, vom Ende eines Kapitels in deinem Leben. Dieses Jahr hat mir so unglaublich viel gebracht, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann. Ich habe faszinierende und inspirierende Menschen kennengelernt, hab mit den Ticos gelacht und mich über sie aufgeregt. Habe mit ihnen gefeiert und geweint. Ich bin in eine andere Kultur, in eine andere Welt eingetaucht und habe mich angepasst, habe meine Meinungen über vieles geändert und sehe Dinge, die ich früher als unwichtig erachtet habe nun mit anderen Augen. Ich bin durch dieses Jahr ein anderer Mensch geworden, so kitschig es auch klingen mag, ist es doch wahr. In mir ströhmt ein bisschen von dem Pura-Vida-Flair und im Herzen bin ich nun eine kleine Tica.
Auch wenn jetzt die Zeit der Abschiede kommt und ich erpicht darauf bin, jeden Tag dieses schlimme Gefühl von einer ganz bestimmten Art Herzschmerz zu fühlen, es ist garantiert kein Abschied für immer und es wird die Zeit des Wiedersehens kommen, da bin ich mir ganz sicher!
Ich möchte das hier auch gar nicht zu lang halten, ich möchte nur sagen: Danke Costa Rica! Danke für die Zeit, die du mir gegeben hast, die Erlebnisse, Erkenntnisse, Herausforderungen, Freunde, Familie, Liebe, Wärme, Chaos, Gallo Pinto und deine Vielfältigkeit. 
Hasta luego! Gracias por todo!